EDDA JACHENS


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IN DER SCHWEBE BLEIBEN

 

Am Anfang stand die Erfahrung des puren Materials, angewandt aus medizinisch-therapeutischen Gründen. Edda Jachens lag mitten drin - im Paraffin. Zur haptischen Erfahrung trat die optische hinzu, als sie ihre Hand durch das milchige Material hindurch eine ganz unerwartete Erscheinung annehmen sah.

Seit nunmehr fünf Jahren verschiebt sie diese Sinneserfahrungen in den Kontext ihrer Kunst, in Bilder mit Paraffin. Nach Versuchen, die optischen Qualitäten und die Grenzen der physikalischen Verwertbarkeit kennen zu lernen, entstehen erste Paraffinbilder. Auf einen Bildträger, meist eine einfache Spanplatte, wird, nach einer weißen Grundierung und der Festlegung der farbigen Strukturen, das verflüssigte Paraffin in einer dünnen Schicht aufgegossen. Nach der Abkühlung und Verfestigung des allen in Form von Kerzen geläufigen Materials, verschleift die Künstlerin noch die beim Guß entstehenden Kanten.

Der Klarheit des beschriebenen Produktionsablaufes entgegen, steht die sichtbare Erscheinung der Werke. Alles erscheint vom Paraffin eingehüllt. Das Auge versucht durch diese sämige, lichtdurchlässige und pigmentierte Schicht zum Kern zu dringen. Die scheinbar so klaren Form- und Farbwerte auf den Bildträgern bleiben selbst bei intensivstem Bemühen verschleiert. Es gibt einen Grad der Annäherung, der nicht überwunden werden kann. Die Bilder halten Distanz. Ihre Struktur wird so zum Thema: Beziehungen in der Schwebe, die rationalisierte Auflösung verweigernd - für den Augensinn, für den Verstand.

Die blauen Bilder von Edda Jachens leben von der allmählichen Annäherung in der Zeit, von einem sich Hingeben in Geduld. Sie verlangen Aufmerksamkeit, wie sie das sie umgebende Licht in sich einzusaugen scheinen.

Der Wirkung aus den Strukturen, die ganz in der Tradition der konkreten Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts steht, entspricht das reduzierte Formenvokabular der Künstlerin. Seit ihrer Abkehr vom realistischen Bild vor gut zehn Jahren, arbeitet sie an den Ausdruckswerten von Materialien und einfachen Formen. Zunächst beginnend in Relief und Plastik mit Graphit und Farbe erkundet Edda Jachens das Innen und Außen von Körpern und Hohlformen und deren Relationen. Mit der Entdeckung des Paraffins tritt das Interesse an der Transparenz hinzu, und mit ihr der neue Umgang mit Farben und ihren Wirkungen. In der Anfangsphase, bei der Verwendung farblosen Paraffins, waren die zugrunde liegenden Bildstrukturen kleinteilig und komplex aus der Geometrie des Quadrats entwickelt. Das rot oder zuletzt blau eingefärbte Paraffin stärkt die Bedeutung der Oberflächen für das Bildganze und führt die Künstlerin zwingend zu vereinfachten, frei schwingenden Linienrhythmen.

Noch sind die zugrunde liegenden Bildmuster streng flächig, in Streifen angelegt oder neuerdings auch in Kreisform aufgetragen. Langsam tastet sich die Künstlerin an die Grenzen ihrer Bildidee. Sie wird sie gänzlich ausschöpfen, bis die Entdeckung ganz neuen Landes jenseits der im Augenblick erkennbaren Wege wie von selbst in ihre geöffneten Hände fällt.

 

Mathias Lindner

Chemnitz im Februar 2003

© Edda Jachens